In den Wahlprogrammen der Parlamentsparteien 2024 zeigen sich unterschiedliche Ansätze zum Thema Digitalisierung. communication matters hat die Schwerpunkte analysiert.
SPÖ: Digitale Chancengleichheit für alle
„Unsere ältere Generation hat Respekt verdient. Niemand soll draufzahlen, nur weil man nicht alles digital machen will“, steht im Wahlprogramm der SPÖ. Während die SPÖ eine Digitalisierung der Verwaltung unterstützt, setzt sie sich gleichzeitig dafür ein, analoge Strukturen zu bewahren, um Altersdiskriminierung zu verhindern und den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht zu werden.
Kinderschutz und eine gerechte Digitalisierung stehen im Fokus des Digitalisierungsprogramms. Die Einführung von „Digital Literacy“ in Schulen soll gewährleisten, dass Kinder sich „angstfrei“ im digitalen Raum bewegen können.
Um dem „Verlust von Wissen und High Potentials“ entgegenzuwirken, plant die SPÖ grundlegende und tiefgehende KI-Forschung intensiv zu unterstützen. Dabei betont die Partei, dass Digitalisierung allen Menschen zugutekommen soll und nicht nur den großen „Profiteur:innen”. Im Wahlprogramm heißt es: „Wir verstehen Digitalisierung als Mittel zur Standortsicherung, zur Arbeitszeitverkürzung und zur fairen gesellschaftlichen Verteilung.“
Ein weiteres zentrales Anliegen ist die Bekämpfung von Fake News. Geplant ist die Einführung des „Mein-Medien-Abo“, das allen Österreicher:innen im Alter von 16 bis 30 Jahren zustehen soll. Dieses Modell sieht vor, eine jährliche Abo-Option für ein journalistisches Print- oder Online-Medium anzubieten, wobei die Kosten vom Staat übernommen werden. Mit dieser Initiative soll die Medienförderung demokratisiert und der Zugang zu hochwertigem Journalismus erleichtert werden.
NEOS: Effizienz, Innovation und Bildung im digitalen Zeitalter
NEOS streben eine umfassende Digitalisierung der österreichischen Verwaltung an, um das Leben der Bürger:innen einfacher und effizienter zu gestalten. Ziel ist es, Verwaltungsprozesse schneller und unkomplizierter abzuwickeln.
Zudem möchten sie im Bereich der Künstlichen Intelligenz Innovationsmöglichkeiten durch regulatorische Freiräume, sogenannte „Sandboxes“, schaffen und klare Rahmenbedingungen sowie Qualitätszertifizierungen für deren Einsatz etablieren.
Unter dem Motto „Schulen ins 21. Jahrhundert holen“ setzen sich NEOS dafür ein, Pädagog:innen in der effektiven Nutzung digitaler Endgeräte weiterzubilden. Die Universitäten sollen sowohl Online- als auch Präsenzstudiengänge anbieten. Ähnlich wie die SPÖ legen NEOS großen Wert auf Medien- und Digitalisierungskompetenzen in Schulen, um Fake News zu bekämpfen.
Grüne: Nachhaltigkeit und Ethik im Mittelpunkt
„Mittendrin statt nur dabei“ steht im Wahlprogramm der Grünen, die den digitalen Wandel aktiv gestalten und als Chance zur Bekämpfung der Klimakrise nutzen möchten. Umweltfreundliche Investitionen sollen Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft stärken. „Unsere Technologiepolitik orientiert sich an gesellschaftlichen Zielen“, betonen sie und streben einen umfassenden Systemwandel an.
In der Digitalisierungspolitik fordern die Grünen klare Regelungen für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und die Sicherstellung, dass KI-Anwendungen menschenzentriert und diskriminierungsfrei sind. Sie setzen auf rechtliche Rahmenbedingungen, die Datenschutz und Grundrechte wahren, und lehnen Massenüberwachung strikt ab. Ihre Vision umfasst auch den Schutz von kritischer Infrastruktur, der Netzneutralität und die Förderung freier und offener Software und Hardware. Zudem beabsichtigen sie, den E-Sports-Sektor auszubauen und Österreich als attraktiven Standort für digitale Spiele zu etablieren.
FPÖ: Schutz der Privatsphäre und Erhalt analoger Strukturen
Die FPÖ setzt sich dafür ein, dass große Tech-Konzerne zur Unterstützung österreichischer Medien beitragen. Im Wahlprogramm heißt es: „Österreichische Medien sollen von Big-Tech-Konzernen profitieren.“ Die Freiheitlichen fordern die Einführung eines „Digitalwerbeförderungsbeitrags“, dessen Einnahmen in einen nationalen Medienfonds fließen sollen. Dieses Modell zielt darauf ab, die heimischen Medien zu stärken und Werbung in österreichischen Medien steuerlich zu begünstigen.
Die FPÖ lehnt die europäische digitale Identität ab: „Wir schließen uns der Warnung von Experten gegen die eIDAS-Verordnung an.“ Auch eine verpflichtende „digitale Brieftasche“ wird abgelehnt, da sie als Schritt in Richtung Überwachungsstaat gesehen wird.
„Analog statt digital“, heißt es für die FPÖ, die sich für den Erhalt analoger Strukturen starkmacht. Die Partei betont das Recht auf ein analoges Leben ohne Nachteile und möchte so Altersdiskriminierung bekämpfen.
Obwohl die FPÖ in Fragen der Digitalisierung eher zurückhaltend agiert, verfolgt sie das Ziel, eine „digitale Revolution“ im Bereich der Künstlichen Intelligenz in Europa umzusetzen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu gewährleisten. Die Partei fordert klare Regeln gegen exzessive Datensammlung durch große Tech-Konzerne und betont den Schutz der Privatsphäre sowie die Vermeidung von Überwachung und Zensur im Internet.
ÖVP: Umfassende Digitalisierung und Innovation
Zur Verbesserung der digitalen Infrastruktur verfolgt die ÖVP eine umfassende Strategie, die durch den Digital Austria Act 2023 vorgegeben wird. Dies umfasst unter anderem die Ausrollung der ID Austria als universellen Schlüssel für digitale und behördliche Services sowie den Ausbau der digitalen Kompetenz durch gezielte Bildungsinitiativen. Ein zentrales Ziel ist es, die digitale Verwaltung durch das „Once only“-Prinzip zu vereinfachen, wodurch Bürger:innen und Unternehmen entlastet und Bürokratie abgebaut werden sollen.
Die ÖVP setzt auch auf die Förderung von Innovationen in der KI-Forschung und der digitalen Infrastruktur, um Österreich als attraktiven Digitalstandort zu stärken. Ein „GovTech-Campus“ soll als Innovationsplattform für Verwaltungsmodernisierung und Digitalisierung dienen, während zugleich ein E-Sport-Kompetenzzentrum aufgebaut wird, um die wachsende E-Sport-Community zu unterstützen. „Wir wollen die Chancen der Digitalisierung nutzen und gleichzeitig die digitale Identität der Bürger:innen schützen“, erklärt die ÖVP.
Fazit
SPÖ und FPÖ setzen auf ein „analoges Leben“, während andere die Digitalisierung als Werkzeug sehen, um Kosten zu senken, das Gesundheitssystem zu entlasten und die Verwaltung für Nutzer:innen einfacher und zugänglicher zu gestalten. Künstliche Intelligenz ist ein klarer Schwerpunkt, den alle Parteien fördern möchten.
Die divergierenden Positionen der Parteien, insbesondere hinsichtlich des Tempos und Umfangs der Digitalisierung, erfordern von Public-Affairs-Agenturen eine differenzierte, auf die jeweiligen Parteien zugeschnittene Strategie. Gleichzeitig bietet die parteiübergreifende Anerkennung der Bedeutung der Digitalisierung die Chance, sich als unverzichtbare Expert:innen und Impulsgeber:innen in diesem zukunftsweisenden Politikfeld zu etablieren. Hier können sich Unternehmen und Verbände als kompetente Partner positionieren, indem sie konkrete Vorschläge zur Gestaltung von Förderprogrammen und regulatorischen Rahmenbedingungen einbringen.
Wenn Sie mit Public-Affairs-Arbeit in Ihrem Unternehmen beginnen oder diese optimieren wollen, nutzen Sie unser kostenloses Tool zum Einstieg, den Public-Affairs-Check. Gerne können Sie uns auch unter [email protected] kontaktieren, um ein unverbindliches Erstgespräch zu vereinbaren.