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Analyse zur NR-Wahl: Fokus Geschlechtergerechtigkeit

In wenigen Tagen steht die Nationalratswahl 2024 bevor, und die Parteien haben ihre Programme formuliert. Ein besonders spannender Bereich ist die Geschlechtergerechtigkeit: Was versprechen die Parteien den Frauen und der LGBTIQ+-Community? communication matters hat die Wahlprogramme für Sie analysiert.

ÖVP – Tradition und Frauengesundheit

Die ÖVP legt ihren Schwerpunkt auf traditionelle Familienstrukturen, betont dabei aber auch die Bedeutung der Frauengesundheit. Die Partei plant die Gründung von Frauengesundheitszentren, die spezifische Anforderungen der Frauenmedizin abdecken sollen, und setzt auf steuerfreie Verhütungs- und Hygieneartikel, um Frauen finanziell zu entlasten. Auch Zyklusbeschwerden sollen stärker erforscht werden.

In der Arbeitswelt plädiert die ÖVP für eine partnerschaftliche Aufteilung der Karenz und ein automatisches Pensionssplitting. Flächendeckende und leistbare Kinderbetreuung soll es Frauen ermöglichen, schneller in den Beruf zurückzukehren. Zudem plant die Partei Maßnahmen, um mehr Frauen in technische Berufe und Führungspositionen zu bringen, besonders in den MINT-Branchen.

Hinsichtlich der LGBTIQ+-Rechte enthält das Wahlprogramm der ÖVP keine konkreten Aussagen.

SPÖ – Chancengerechtigkeit für Frauen und LGBTIQ+ auf allen Ebenen

Die SPÖ setzt in ihrem Programm einen starken Fokus auf Frauenrechte und LGBTIQ+-Gleichstellung. Ein zentrales Anliegen ist die Verbesserung der Frauengesundheit. So fordert die SPÖ etwa die kostenfreie Abgabe von Monatshygieneprodukten und kostenlose Verhütungsmittel für alle Geschlechter. Auch der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in öffentlichen Krankenhäusern soll kostenfrei sein. Zudem betont die Partei die Bedeutung der Gendermedizin, die geschlechtsspezifische Unterschiede in der medizinischen Behandlung berücksichtigen soll.

Auf dem Arbeitsmarkt kämpft die SPÖ für Lohngerechtigkeit und plant die Einführung eines Lohntransparenzgesetzes nach isländischem Vorbild. Dieses soll Unternehmen dazu verpflichten, Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen offenzulegen und zu beseitigen.

Im Bereich LGBTIQ+ fordert die SPÖ vollen Diskriminierungsschutz in allen Lebensbereichen und spricht sich klar für ein Verbot von Konversionstherapien aus. Besonders betont wird der Schutz intergeschlechtlicher Kinder vor bestimmten Operationen. Zusätzlich plant die SPÖ eine nationale Strategie für LGBTIQ+-Menschenrechte, die spezifische Gesundheitsprogramme für Trans-Personen sowie Maßnahmen gegen Hass und Gewalt umfassen soll.

FPÖ – Traditionelle Werte und klare Ablehnung von LGBTIQ+

Die FPÖ stellt den Schutz von Frauen und Mädchen im öffentlichen Raum in den Mittelpunkt ihrer Politik. Sie fordert eine erhöhte Polizeipräsenz in „Problemvierteln“ und spricht sich gegen „importierte“ frauenfeindliche Praktiken wie Zwangsehen und Genitalverstümmelung aus. Für die FPÖ ist der Kampf gegen die „Islamisierung“ ein zentrales Anliegen, da sie diese als Bedrohung für die Selbstbestimmung von Frauen sieht.

Was den Arbeitsmarkt betrifft, bleibt die FPÖ vage. Während sie sich auf kulturelle und religiöse Themen fokussiert, gibt es keine detaillierten Vorschläge zur Förderung der beruflichen Gleichstellung von Frauen.

Ihre Position zur LGBTIQ+-Community ist klar: Die FPÖ lehnt die Anerkennung weiterer Geschlechter kategorisch ab und fordert eine Verfassungsbestimmung, die festlegt, dass es nur zwei Geschlechter gibt. Transgender-Athlet:innen sollen ihrer Meinung nach nicht bei Frauensport-Wettbewerben antreten dürfen. Zudem spricht sich die Partei gegen „LGBTIQ+-Propaganda“ und eine „Frühsexualisierung“ von Kindern aus.

GRÜNE – Moderne Forschung und faire Aufteilungen

Die Grünen setzen auf eine umfassende Förderung der Frauengesundheit, etwa durch den Ausbau von Frauengesundheitszentren und der gendermedizinischen Forschung. Sie fordern den landesweiten Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen sowie die Legalisierung des „Social Egg Freezing“, um Frauen mehr Selbstbestimmung bei der Familienplanung zu ermöglichen. Kostenlose Verhütungsmittel und Menstruationsprodukte sollen ebenfalls ermöglicht werden.
In der Arbeitswelt wollen die Grünen durch eine gerechte Aufteilung der Sorgearbeit und bessere Bedingungen in sozialen Berufen die finanzielle Benachteiligung von Frauen reduzieren. Partnerschaftliche Karenzregelungen und automatisches Pensionssplitting sollen Altersarmut vorbeugen, besonders bei Frauen, die von Teilzeitarbeit betroffen sind.

Auch in der LGBTIQ+-Politik zeigen sich die Grünen ambitioniert. Sie fordern eine Reform des Geschlechtseintrags, um trans*, inter* und nicht-binären Personen die freie Wahl zu ermöglichen. Die Bekämpfung von Diskriminierungen und das Verbot von Konversionstherapien stehen ebenfalls auf ihrer Agenda – hier wollen die Grünen klare Akzente setzen.

NEOS – Kampf gegen veraltete Geschlechterrollen

Auch NEOS betonen die Notwendigkeit einer umfassenden Reform zur Stärkung der Frauenrechte. Besonders im Fokus steht dabei die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen. Um die sogenannte „Teilzeitfalle“ zu durchbrechen, will die Partei eine flächendeckende, kostengünstige Kinderbetreuung einführen und Vollzeitbeschäftigung attraktiver machen. Zudem soll mit einem automatischen Pensionssplitting Altersarmut bei Frauen verhindert werden.
Im Bereich der reproduktiven Rechte setzt sich die Partei für kostenlose Verhütungsmittel bis zum 18. Lebensjahr und den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in jedem Bundesland ein. Auch moderne Fortpflanzungsmedizin soll für alle zugänglich sein. Minderjährige sollen finanzielle Unterstützung für Schwangerschaftsabbrüche erhalten.

Für die LGBTIQ+-Community wollen NEOS, dass Österreich vom „Nachzügler zum Vorreiter“ wird. Besonders das Verbot von Konversionstherapien bei Jugendlichen und die Beseitigung von Diskriminierungen stehen auf der Agenda. Selbstbestimmung und der Schutz der Menschenrechte sind zentrale Punkte, und die Partei setzt sich klar gegen jegliche Form von Benachteiligung ein.

Fazit

Während SPÖ, NEOS und die Grünen starke Schwerpunkte auf die Gleichstellung von Frauen und LGBTIQ+-Personen legen und umfangreiche Maßnahmen für reproduktive Rechte, Lohngerechtigkeit und den Diskriminierungsschutz fordern, bleibt die ÖVP in ihrer Programmatik eher traditionell und fokussiert sich vor allem auf Themen wie Frauengesundheit und Familienpolitik. Konkrete Maßnahmen zur LGBTIQ+-Gleichstellung fehlen hier weitgehend.

Die FPÖ wiederum betont den „Schutz von Frauen“ vor allem im öffentlichen Raum und stellt sich klar gegen eine progressive LGBTIQ+-Politik, indem sie die Anerkennung weiterer Geschlechter ablehnt und sich für ein traditionelles, binäres Geschlechterverständnis einsetzt. Der ideologische Graben zwischen den Parteien ist also besonders tief im Bereich der Geschlechter- und Identitätspolitik.

Diese klaren Unterschiede in den Ansätzen der Parteien machen es für Unternehmen und Interessenvertretungen unerlässlich, ihre Strategie sorgfältig zu prüfen. Eine maßgeschneiderte Public-Affairs-Strategie kann helfen, auf die unterschiedlichen politischen Dynamiken vorbereitet zu sein und rechtzeitig Einfluss auf die Diskussionen zu nehmen. Bei progressiven Parteien liegt der Fokus auf aktiven Gleichstellungsmaßnahmen, bei konservativeren Parteien eher auf freiwilligen Initiativen. Eine datenbasierte Argumentation, unterstützt durch Statistiken und Studien, ist dabei unerlässlich. Besonders die Netzwerkbildung und der Ausbau der Kooperationen ist bei diesem Thema für Public-Affairs-Maßnahmen sehr effektiv.

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