Die Wahlprogramme der Parlamentsparteien bieten vielfältige Ansätze und Strategien zur Reform des Gesundheits- und Pflegesystems. Während alle Parteien grundlegende Verbesserungen fordern, unterscheiden sich ihre Schwerpunkte und Herangehensweisen erheblich. communication matters liefert einen Überblick.
ÖVP: Umfassende Investitionen in nachhaltige Gesundheitsversorgung
Für die Nationalratswahl 2024 konzentriert sich die ÖVP auf die Sicherstellung einer flächendeckenden und qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung in ganz Österreich. Ein zentrales Ziel ist die Schaffung von 800 neuen Stellen für Kassenärzt:innen, um den bestehenden Engpässen entgegenzuwirken. Die Partei plant zudem den Ausbau von Primärversorgungszentren, um die wohnortnahe Versorgung zu stärken und die Patient:innenversorgung zu optimieren.
Im Bereich der Pflege setzt die ÖVP auf umfassende Investitionen von 11 Milliarden Euro bis 2028. Ein Fokus liegt auf der Anwerbung von über 50.000 zusätzlichen Pflegekräften und der Aufwertung des Pflegeberufs durch bessere Arbeitsbedingungen, Gehaltsboni und steuerliche Entlastungen für Pflegeversicherungen. Darüber hinaus soll der Einsatz von Community Nurses dazu beitragen, die Qualität der Pflege zu verbessern und die Belastung des Pflegepersonals zu verringern.
SPÖ: Faires Gesundheitssystem mit Fokus auf Frauen und bessere Pflege
Das Gesundheitsprogramm der SPÖ zielt darauf ab, ein gerechtes und flächendeckendes Gesundheitssystem zu schaffen. „Österreichs Gesundheitssystem war lange Zeit ein Vorbild für andere Länder“, betont die SPÖ, und setzt sich gegen den Trend der Privatisierung und der Zwei-Klassen-Medizin ein, um sicherzustellen, dass alle Patient:innen, unabhängig von ihrem Einkommen, Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung haben.
Ein zentrales Anliegen ist die Verdopplung der Medizinstudienplätze, um den Mangel an Kassenärzt:innen zu bekämpfen. Auch die geschlechterspezifische Gesundheitsversorgung wird hervorgehoben. Die SPÖ fordert, dass die Forschung und die Behandlung frauenspezifischer Krankheitsbilder priorisiert werden.
Im Bereich Pflege verfolgt die SPÖ das Ziel, die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte zu verbessern. Ein wichtiges Element dabei ist die Verkürzung der Arbeitszeit, um die Belastung zu reduzieren und die Attraktivität des Berufs zu steigern. Integration spielt ebenfalls eine Schlüsselrolle, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Zudem sollen sogenannte „Grätzel-Beamte“ als Community Buddys in jeder Gemeinde etabliert werden, um den Zugang zu Gesundheits- und Pflegeleistungen zu erleichtern und individuelle Unterstützung anzubieten.
FPÖ: Selbstbestimmung und primäre Gesundheitsversorgung für Österreichs Bürger:innen
Für die FPÖ steht fest: Eine umfassende medizinische Versorgung soll ausschließlich für bestimmte Gruppen gewährleistet werden. „Wir lehnen den WHO-Pandemievertrag ab, da er die nationale Souveränität gefährdet“, erklärt die FPÖ, und fordert stattdessen, dass „illegale Zuwanderer und Asylbewerber“ nur Anspruch auf grundlegende medizinische Leistungen haben sollen.
Im Bereich der Pflege setzt die FPÖ auf eine Stärkung der häuslichen Pflege und will die Selbstständigkeit älterer Menschen durch präventive Maßnahmen unterstützen. Um die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern, fordert die FPÖ faire Arbeitsbedingungen, eine Rückkehr zu bewährten Ausbildungssystemen und eine angemessene Entlohnung für Pflegekräfte. Der Ausbau mobiler Dienste und ein bundesweiter Pflegescheck sollen pflegenden Angehörigen unter die Arme greifen und die finanzielle Belastung mindern.
Darüber hinaus strebt die FPÖ eine Verringerung bürokratischer Hürden im Pflegebereich an. Die Partei will, dass gut ausgebildete Pflegekräfte mehr Verantwortung übernehmen können und von „überflüssigen Dokumentationszwängen“ befreit werden.
Grüne: Zugang für alle – solidarisches und barrierefreies Gesundheitssystem
„Gesundheit allen zugänglich machen – unabhängig vom Einkommen“ ist das Leitprinzip der grünen Gesundheitsreform. Die Bekämpfung der Zwei-Klassen-Medizin steht dabei im Fokus. Die Partei fordert eine langfristige Finanzierungssicherheit, um allen Bürger:innen eine einfach zugängliche medizinische Versorgung zu bieten. Besonders betont wird der bezahlbare Zugang zu psychischen Gesundheitsdiensten, denn „wir müssen sicherstellen, dass niemand aufgrund finanzieller Hürden auf notwendige Behandlungen verzichten muss“.
Ein zentrales Anliegen der Grünen ist die Schaffung von mehr Kassenstellen und die Etablierung von Primärversorgungszentren, etwa durch die Bereitstellung von 500 zusätzlichen Stellen an.
Im Bereich der Pflege fordern die Grünen attraktive Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung für Pflegekräfte. Der Ausbau von „Community Nursing“ und die Förderung mobiler Betreuungsangebote sind ebenfalls zentrale Elemente ihrer Strategie, um Menschen ein Leben in der vertrauten Umgebung zu ermöglichen. Zudem setzen sie sich für einen bundesweiten Pflegescheck ein, um pflegende Angehörige finanziell zu entlasten und bürokratische Hürden abzubauen.
NEOS: Einheitliche Finanzierung und verbesserte Pflege
NEOS streben eine umfassende Reform des Gesundheitssystems an, um den proklamierten „Finanzierungsdschungel“ zu beseitigen und eine einheitliche Finanzierung sicherzustellen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass „Länder, Bund, Sozialversicherung und Ärztekammer im Sinne der besten Gesundheitsversorgung zusammenarbeiten.“
Ein zentrales Ziel ist die Stärkung der ambulanten Versorgung durch die flächendeckende Einrichtung von Primärversorgungszentren. Zudem fordern NEOS, dass Gesundheitsleistungen inner- und außerhalb von Krankenhäusern gleichwertig sind, um einen Wettbewerb zwischen den Versorgungsformen zu vermeiden. Auch die Digitalisierung des Gesundheitssystems, etwa durch die Einführung von Onlinebefunden, soll vorangetrieben werden, um die Effizienz zu steigern und Wartezeiten zu reduzieren.
Ebenso werden Fördermodelle zur Unterstützung häuslicher Pflege angedacht. Darüber hinaus möchte NEOS die Ausbildung in Pflegeberufen erleichtern, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Pflegeprävention, um älteren Menschen ein selbstständiges Leben zu ermöglichen und das Entstehen von Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern.
Fazit
Die Programme der österreichischen Parteien zur Gesundheits- und Pflegepolitik zeigen sowohl gemeinsame Zielsetzungen als auch deutliche Unterschiede in den Herangehensweisen. Während alle Parteien auf eine grundlegende Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege setzen, variieren ihre Schwerpunkte und Lösungsansätze.
Die SPÖ legt besonderen Wert auf ein gerechtes und flächendeckendes System, mit einem Fokus auf geschlechterspezifische Gesundheit und bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Die NEOS streben vor allem eine effizientere Finanzierung und eine stärkere Digitalisierung des Gesundheitssystems an. Die Grünen setzen sich für ein solidarisches, barrierefreies Gesundheitssystem ein, das den Zugang für alle sicherstellt, während die FPÖ ihre Prioritäten auf nationale Souveränität und eine primär auf österreichische Bürger:innen fokussierte Versorgung legt. Die ÖVP hingegen konzentriert sich auf umfassende Investitionen und die Schaffung neuer Kassenärzt:innen sowie eine nachhaltige Pflegeversorgung.
Für Public-Affairs-Agenturen eröffnen sich hier zahlreiche Ansatzpunkte: Die klaren Unterschiede in den Programmen erfordern eine gezielte Kommunikation an die jeweiligen Stakeholder. Gleichzeitig bieten die gemeinsamen Anliegen – etwa die Verbesserung der Pflegebedingungen und die Stärkung der Primärversorgung – Raum für parteiübergreifende Dialoge. Unternehmen und Verbände können sich hier durch fundierte Vorschläge zur Gestaltung des Gesundheitssystems als kompetente Partner etablieren und aktiv an der politischen Gestaltung mitwirken. Wichtig ist auch die Funktion der Public Affairs als Brückenbauer, um durch konstruktive Lösungsvorschläge, die sowohl die Interessen der Stakeholder als auch die politischen Ziele miteinbeziehen, strategische Allianzen zu knüpfen. Dabei ist besonders die komplexe Struktur des österreichischen Gesundheitssystems zu berücksichtigen. Public Affairs kann mit Stakeholdern Strategien entwickeln, die sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene wirksam sind.
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