Klima-Analyse zur Nationalratswahl 2024

Die Parlamentsparteien und ihre (Nicht-)Vorhaben zum Klimaschutz

Hinter uns liegen extrem heiße Sommerwochen, derzeit kämpfen viele Regionen mit Hochwasser und gleichzeitig sind wir in der Hochphase des Wahlkampfes angekommen. Der perfekte Zeitpunkt also, um sich zu fragen: wie halten es die wahlwerbenden Gruppen mit dem Klimaschutz?

Eines ist klar: Österreich muss seine klimaschädlichen Emissionen, laut EU-Vorgaben, bis 2030 deutlich reduzieren. Mit welchen Konzepten die fünf Parlamentsparteien das schaffen wollen, haben wir uns im Rahmen einer Wahlprogramm-Analyse angesehen.

ÖVP – Hoffnung auf Zukunftstechnologien

Die ÖVP bekennt sich in ihrem „Österreichplan“ sowohl zum Umwelt- & Klimaschutz als auch zu den Pariser Klimaschutzzielen. Sie plädiert für Klimaschutz mit Hausverstand, vertraut dabei auf Zukunftstechnologien und will Österreich im Bereich Umwelttechnik als führenden Wirtschaftsstandort positionieren, um einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Klimakrise leisten zu können.

Wasserstoff soll als nachhaltige Energiequelle forciert und das österreichische Gasnetz umgerüstet werden. Zusätzlich dazu sollen internationale Wasserstoff-Partnerschaften ausgebaut und Import- & Produktionsregeln vereinfacht werden. Das Speichern von CO₂ soll künftig auch in Österreich erlaubt sein und entsprechend gefördert werden. Hand in Hand damit geht der Ausbau von weiteren Energiequellen wie Geothermie, Wasserkraft und Biomasse.

Darüber hinaus will die Volkspartei eine Milliarde in die Entwicklung eines „Grünen Verbrenners“ investieren, „Klima-Tec-Unternehmen“ durch Förder- und Investitionsprogramme unterstützen, Energiegemeinschaften stärken und Genehmigungsverfahren für den Ausbau erneuerbarer Energien weiter beschleunigen.

SPÖ – Bahn frei für den Umbau der Wirtschaft

Die SPÖ setzt in ihren „24 Ideen für Österreich“ im Bereich Klimaschutz vordergründig auf große Investitionen. Im Bereich öffentlicher Verkehr setzt sie das Ziel, bis 2030 jede Bezirkshauptstadt des Landes an das Eisenbahnnetz oder eine Schnellbuslinie anzuschließen. Parallel dazu sollen Kinder und Jugendliche kostenlosen Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln erhalten.

Mit der Hilfe einer großen öffentlichen Förderstrategie sowie staatlichen Förderungen will die SPÖ eine „sozial-ökologische“ Wende vollziehen, um die österreichische Wirtschaft sozial- und umweltgerecht aufzustellen. Dazu beabsichtigt die SPÖ einen Transformationsfonds, ausgestattet mit 20 Milliarden Euro, einzurichten, der von der ÖBAG verwaltet werden soll. Die Vergabe dieser staatlichen Gelder, in Form von Zuschüssen, Garantien und Beteiligungen, soll an soziale Kriterien, wie Standort- und Beschäftigungsstrategie, die Einhaltung von sozial- und arbeitsrechtlichen Standards, Ausbildungs- und Umschulungsoffensiven etc. geknüpft werden.

Zusätzlich dazu soll sich der Staat, nach dem Vorbild des deutschen Deeptech & Climate Fonds, als Investor an geförderten Start-ups aus dem Klima- und Energiesektor beteiligen, um die Transformation der Wirtschaft voranzutreiben.

FPÖ – Eigenverantwortung statt „Klimahysterie“

In ihrem Wahlprogramm „Festung Österreich – Festung der Freiheit“ fordert die FPÖ „echten Natur- und Umweltschutz statt ideologischem Klimaschutz“.

Klimaneutralität soll, gemäß FPÖ-Programm, immer in Verbindung mit Arbeit, Wirtschaft und Forschung gedacht und durch konkretes und praktisches Handeln und mit der Hilfe von „neuen Technologien“ – beispielsweise durch die Speicherung von CO₂ – umgesetzt werden. Auf welche weiteren Technologien die Partei in Zukunft setzen will, wird allerdings nicht ausgeführt.

Zwar möchte die FPÖ einerseits erneuerbare Energie ausbauen, warnt aber zugleich davor, dass die Dekarbonisierung keine Belastung für die Wettbewerbsfähigkeit werden darf. Angesichts dessen sollen Regelungen, die aus FPÖ-Sicht zu einer zunehmenden Deindustrialisierung Österreichs führen oder zusätzliche Belastungen für die Österreicher:innen darstellen, eine klare Absage erteilt werden.

Russisches Gas wird von den Freiheitlichen als wichtiger Beitrag zur österreichischen Versorgungssicherheit begriffen und statt einer Verteuerung soll es im Bedarfsfall Preisdeckel für Energie und Treibstoff geben.

Im Verkehrssektor beabsichtigt die FPÖ zugleich den öffentlichen Verkehr auszubauen und Autofahrer:innen zu fördern. Die CO₂-Steuer soll abgeschafft, die NoVA reduziert und die Pendlerpauschale sowie das Kilometergeld angehoben werden. Zusätzlich dazu spricht sich die FPÖ klar gegen ein Verbot von Verbrennungsmotoren und für die Abschaffung steuerlicher Vorteile für E-Autofahrer:innen aus.

Als weitere Elemente für den Umweltschutz (dieser Begriff umfasst für die FPÖ viel mehr als nur Klimaschutz) finden sich im freiheitlichen Programm der Schutz des Trinkwassers, Maßnahmen gegen das Bienen- und Insektensterben sowie der Schutz der Almwirtschaft.

NEOS – Raus aus fossilen Energieträgern

Die NEOS präsentieren in ihrem Wahlprogramm „Reformen für dein neues Österreich“ im neunten Kapitel Ideen und Forderungen für nachhaltigen Klimaschutz und den Ausstieg aus fossilen Energiequellen.

Österreich soll kein Gas mehr aus Russland beziehen und durch eine Diversifizierung seiner Energiequellen sowie den Ausbau der Stromnetze die eigene Versorgung sicherstellen. Durch eine höhere CO₂-Steuer soll klimaschädliches Verhalten stärker belastet und im Gegenzug Einkommen entlastet werden. Mit einem eigenen Treibhausgasbudget wollen die NEOS auf allen Entscheidungsebenen jährliche Limits für Treibhausgase festlegen. Zusätzlich dazu sollen politische Entscheidungen künftig einem wissenschaftlichen „Klimacheck“ unterzogen werden.

Wie die ÖVP und FPÖ sehen auch die NEOS die CO₂-Speicherung als Teil ihres nachhaltigen Reformpaketes. Die Industrie soll durch klare Rahmenbedingungen, reduzierte Steuern und Bürokratieabbau, nachhaltige Pilotprojekte und Forschung vorantreiben können. Im Verkehrsbereich wollen die NEOS nicht nur die Rad- und Gehwege ausbauen, sondern auch die E-KFZ-Ladeinfrastruktur. Die Pendlerpauschale soll abgeschafft und durch ein „zielgerichtetes soziales Konzept zur Regionalförderung“ ersetzt werden.

GRÜNE – Garant für Klimaschutz

Der Klimaschutz steckt in der DNA der Grünen und findet sich auch umfassend im gesamten Wahlprogramm „Wähl, als gäb’s ein Morgen“ wieder.

Die Grünen wollen an den bisher umgesetzten Maßnahmen auch in Zukunft weiterarbeiten. Österreich soll sich durch den flächendeckenden Einsatz von erneuerbaren Energien aus der Abhängigkeit von Öl und Gas lösen. Im Hinblick auf Mobilität wollen die Grünen durch umweltfreundliche Infrastruktur und saubere Technologien punkten. Klimaticket und Öffis sollen weiter ausgebaut, der Autoverkehr elektrifiziert und der Güterverkehr stärker auf die Schiene verlagert werden.

Die Bodenversiegelung soll gestoppt und durch österreichweite Entriegelungswettbewerbe rückgängig gemacht werden. Der Wohnbau soll bis 2024 klimaneutral und der Energieverbrauch durch klimaschonende Bauweisen reduziert werden. Durch die Schaffung „grüner Arbeitsplätze“ soll eine Transformation bestehender Berufe gefördert und langfristig Jobs gesichert werden.

Darüber hinaus wollen die Grünen ein Klimarahmengesetz, Ziele und Vorgaben für alle Sektoren, wie ein verbindliches CO₂-Budget, das festlegt, wie viele Emissionen wir uns noch leisten können. Zudem soll ein verbindlicher Klimacheck eingeführt werden, der Auswirkungen von neuen Gesetzen auf die Treibhausgasemissionen einschätzt und der Politik einen klaren Rahmen gibt. Für die Verfassung fordern die Grünen ein einklagbares „Grundrecht auf Klimaschutz“.

FAZIT

Es zeigt sich, dass fast alle Parteien Maßnahmen zum Klimaschutz setzen wollen. Der Großteil der Parteien hat prinzipiell erkannt, dass gehandelt werden muss und in fast allen Programmen wurden umfassende und vielversprechende Ansätze vorgestellt. Das bedeutet, dass durchaus das Potenzial besteht, in der kommenden Legislaturperiode über Parteigrenzen hinweg an Klimapolitik zu arbeiten. Je nach politischer Zusammensetzung wird der Fokus entweder auf einem wirtschaftlich-ökosozialen oder stark industriell geprägtem Schwerpunkt liegen.

Die Verknüpfung von Klimaschutz mit anderen relevanten Politikfeldern wie Wirtschaft, Arbeit und sozialer Sicherheit wird an Bedeutung gewinnen. Außerdem wird die Entwicklung von Konzepten zur Finanzierung der Klimawende ein zentrales Thema bleiben. Hier gilt es, innovative Modelle zu erarbeiten, die öffentliche und private Investitionen sinnvoll kombinieren und dabei soziale Aspekte berücksichtigen.
Angesichts kontroverser Debatten um bestimmte Technologien wie CO₂-Speicherung oder E-Mobilität wird es entscheidend sein, faktenbasierte Informationen bereitzustellen und den konstruktiven Dialog zwischen verschiedenen Interessengruppen zu fördern. Public-Affairs-Akteur:innen von Unternehmen und Verbänden können dafür wichtige Impulse liefern. Falls Sie sich für das Thema Public Affairs interessieren, lesen Sie hier weiter.

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