Wie jedes Jahr verging auch heuer im Spätsommer kaum ein Tag, an dem die österreichischen Leitmedien nicht über das Europäische Forum Alpbach berichteten. Dennoch hörte und las man neben diversen Gerüchten nur von wenig aussagekräftigen Statements von tatsächlich oder vermeintlich wichtigen PolitikerInnen und Wirtschaftstreibenden. Auch vor Ort in Alpbach wird schnell klar, dass es tatsächlich nicht einfach ist, qualifizierte Informationen mit Neuigkeitswert aus den Bergen mitzunehmen.
Die Verdienste der Institution Alpbach mit ihrer 71-jährigen Geschichte sind beachtlich. Von einer lokalen konservativ geprägten Tagung hat sich das Forum zu einer offenen und europaweit beachteten Veranstaltung und zu einem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Impulsgeber entwickelt. Leider lässt sich, trotz vortrefflicher RednerInnen im Kongresszentrum und zukunftsträchtiger Themen vieler Breakout-Sessions, auch bei den intimeren Kamingesprächen kein roter Faden erkennen. Vage Grundthemen wie „UnGleichheit“ (2015) und „Neue Aufklärung“ (2016) führen zwar zu einer großen Vielfalt, leider aber auf Kosten der inhaltlichen Kohärenz. Um den TeilnehmerInnen inhaltlich mehr mitgeben zu können, wäre Alpbach gut beraten, bei der Themenauswahl verstärkt auf Tiefe und konkretere Ideen zu setzen. Ohne eine Präzisierung besteht für Alpbach die Gefahr, seinen visionären Charakter zu verlieren und zu einer Veranstaltung von vielen zu werden, bei denen man sich im Nachhinein fragt, was einem die Teilnahme denn tatsächlich gebracht hat.
Dennoch ist Alpbach wertvoll. Sein wahrer Wert offenbart sich in den Pausen zwischen den Breakout-Sessions, in den Gesprächen nach den Fireside Talks, beim Essen mit alten und neuen Bekannten im Böglerhof, anschließenden Cocktails beim Jakober oder noch später an der Bar im alten Hallenbad. Denn im kleinen Rahmen reden die BesucherInnen offener, berichten von Plänen, ventilieren Gerüchte und erzählen spannende Anekdoten. Ungeachtet des allgemeinen alpendörfischen Lagerkollers werden in Alpbach neue Freundschaften geschlossen und Netzwerke geknüpft. Über berufliche Funktion, Herkunft und Parteigrenzen hinweg findet hier ein positiver Austausch statt, welcher einen sinnstiftenden Gegenpol zur leider allzu oft in Alpbach vorherrschenden Selbstbeweihräucherung darstellt.
Erfahrungsbericht von Junior-Berater Nico Stella
Teilnehmer des Forum Alpbach 2016